Ich, Mirko ‘macro’ Fichtner bin Grafiker, Frontend-Entwickler und Improtheater-Spieler. Ich gehöre zur Crew der c-base Raumstation und bin Gründungsmitglied der Improbanden.
IT-Professionals sind nach wie vor heiß begehrt und finden häufig ohne größere Schwierigkeiten einen Job. Eine Umfrage aus dem Jahr 2013 besagt, das Entwickler*innen trotzdem sehr daran interessiert sein sollten, ihre sozialen Fähigkeiten zu verbessern.
2013 fand eine Umfrage unter 2.300 Chief Information Officers (CIOs - also Leitern von IT-Departments) statt, deren Unternehmen mehr als 100 Mitarbeiter in den USA aufweisen.
Dabei gaben 30% der CIOs an, dass bei Neueinsteiger*innen 30% zu geringe technische Fähigkeiten und 17% ungenügende Soft-Skills und Teamfähigkeit mitbringen. Trotzdem sei ein Großteil der Jobeinsteiger*innen gut qualifiziert und direkt beim Arbeitsbeginn effektiv einsetzbar. Um so erstaunlicher war, das 63% der IT-Leiter angaben, in diesem Jahr keine Neueinsteiger*innnen einstellen zu wollen.
"IT Personalleiter suchen Kandidaten, die nicht nur technische Fähigkeiten mitbringen, sondern auch Deadlines halten und gut mit Kunden und Kollegen zusammenarbeiten können," sagt John Reed, Senior Executive Director bei Robert Half Technologies, der die Umfrage durchführte. "Neue IT-Absolventen können sich auf dem Job-Markt hervorheben, wenn sie Scharfsinn für's Geschäft und solide zwischenmenschliche Fähigkeiten demonstrieren können."
Reed sagt, IT-Worker können ihre Chancen, einen Job zu bekommen und zu behalten, deutlich erhöhen, wenn sie sich auf folgende Bereiche fokussieren:
Kommunikation: Es scheint offensichtlich, dass die Fähigkeit, sich schriftlich und mündlich auszudrücken, eine Grundvoraussetzung ist. Dennoch bringen nicht alle IT-ler diese Fähigkeit mit. Zu ihr gehört auch, gegenüber Nicht-Experten nicht unverständlich in Fachtermini zu sprechen.
Konfliktlösung: In jeder noch so gut funktionierenden Gruppe gibt es auch mal Konflikte. Wer dabei ruhig und besonnen agiert und für alle akzeptable Kompromisse finden kann, hat deutliche Pluspunkte.
Teamwork: Hilfe für einen Kollegen bei einem wichtigen Projekt anzubieten, ist ein Zeichen für einen starken Zusammenhalt innerhalb des Teams.
Diplomatie: Ein professioneller Umgangston in der Kommunikation mit Kollegen und Kunden, sowohl mündlich wie schriftlich, sind elementar - ebenso wie die Fähigkeit, auch einmal den Mund zu halten, wenn man gerade frustriert oder wütend ist.
Viele dieser Fähigkeiten sind erlernbar. Übungen aus dem Improvisationstheater bieten sich an, um in einer geschützten Gruppe an diesen Themen zu arbeiten. Und das macht dabei auch noch Spaß, denn so lernt es sich viel besser. Claudia Hoppe und ich bieten am 21. und 22.2.2015 einen Kurs an: Kollaboratives Spiel für IT-Professionals, in dem einige dieser Fähigkeiten erleb- und erlernbar werden.
Am Wochenende habe ich einen dreitägigen Workshop Method Acting nach Lee Strasberg bei Mona Glass absolviert. Natürlich kann in so kurzer Zeit nur ein kleiner Einblick erfolgen, trotzdem war es interessant und die kurzen Szenen die entstanden teilweise wirklich beeindruckend.
Beim Method Acting geht es um das Schauspiel von innen nach außen - also an Hand eigener Erfahrungen, Sinneseindrücke und Emotionen soll der zu spielende Character entstehen (im Gegensatz dazu die Arbeit von außen nach innen meint z.B. Beobachtung anderer Personen um dadurch das eigene Spiel zu gestalten).
Method Acting benutzt dazu Entspannungs- und Erinnerungstechniken. So haben wir uns erst intensiv erwärmt (Tanzen, Gesichtsgymnastik, Stimmübungen, Stuhlentspannung), dann uns unserer jeweiligen Rolle angenähert. Wir haben zentrale Sätze der Figur in verschiedenen Emotionen gesprochen und uns mit einem Partner über die jeweilige Rolle unterhalten. Das war ein intensiver Einstieg in die Texte. In einem Fragenkatalog zu unserer Figur sollten so spezifisch wie möglich Einzelheiten definiert werden.
Ein Tier, das dem Character entspricht wurde gewählt und spielerisch dargestellt, ebenso eine Alltagssituation des Charakters. Ein Interview in der Rolle folgte am zweiten Tag. Die Konturen der Figuren wurden schärfer, die Charaktere unterschieden sich jetzt deutlich von den Spielern.
Am dritten Tag wurden mit den Mitteln des Sense Memory und des Emotional Memory noch mehr innere Anknüpfungspunkte an die Rolle hergestellt. Erst jetzt ging es an Szenenarbeit - in jeweils passendem Kostüm und Schuhen. Die Ergebnisse waren sehr stark. Beeindruckend wie gut das funktionierte.
Was nehme ich daraus mit fürs Impro? Vieles. Der Schauspielaspekt tritt ja immer etwas in den Hintergrund zugunsten des Trainings der Improfähigkeiten. Diese Gewichtung werde ich überdenken. Es war für den Geist bereichernd sich mit einem festen Text auseinanderzusetzen. Dabei waren die Dinge, die es zu definieren gab durchaus ähnlich denen einer Improszene, nur eben mit mehr Zeit. Das Gestalten der Figur, das Abwägen der Möglichkeiten, das sich eindringlich in die Figur versetzen schafft am Ende einen wahrhaftigen und vielschichtigen Charakter. Ich hätte von allen gern mehr gesehen, denn auch beim Zuschauen lernt man Rollen kennen und lieben.
Einige der Methoden habe ich schon im Improkontext gemacht - speziell die Tierübung. Trotzdem hatte ich noch nie eine solch gelungene Integration in eine Rolle. Ebenso funktionierten Improübungen mit diesen fixen Charakteren sehr gut. Die Figuren blieben stark, die Rollen passten in der Szene überaus gut zusammen. Ich denke es lohnt sich, gelegentlich an fertigen Texten Impro zu üben - eine Erkenntnis, die mich selbst überrascht.
Letzten Dienstag (also der 13. Mai 2014) gab es eine neue Ausgabe des Hyperbandrauschens. Dabei war Musiker, Produzent und Klangbieger Andreas Albrecht und wir sprachen viel über Kreativität und Musik und natürlich auch zumindest am Rande über unser Metapher Riot-Projekt. Hört mal rein, ich finde die Sendung sehr unterhaltsam.
Und als Bonus hier ein Musikvideo aus einzelnen Fotos, das Andreas für sein Album Tagebucht kreiert zusammen mit Inspektor Benone, der im November zum Thema Krimi beim Hyperbandrauschen zu hören war.
In der letzten wie auch in dieser Woche führte ich interessante Interviews mit Good Luck, Barbara! und Abigel Paul, die in Deutschland - konkret Berlin und Frankfurt - Impro auf englisch spielen, was jeweils ihre Muttersprache ist. Beide waren sich einig, das es ein paar Unterschiede gibt. Kulturelle Referenzen fallen weg, weil sie nicht sicher verstanden werden. Dazu zählen auch Referenzen auf das Leben hier, denn die Zuschauer müssen nicht zwingend hier wohnen. Damit verlagert sich das Spiel auf die großen Themen der Menschlichkeit, die universeller sind. Good Luck, Barbara! - die Berliner Interview-Partner, sprachen sogar davon, durch das bewußtere auswählen der Themen langsamer und physischer zu spielen. Kein schlechter Tausch. Ein Beispiel das Begrenzung kreatives Potential entfacht.
Den Artikel Good Luck, Barbara! - englischsprachige Impro-Langform in Berlin findet ihr bereits auf Impro-News.de, das Interview mit Abigel folgt noch.
Der Harold, die älteste und berühmteste Langform im Improtheater, hat mehr Auswirkungen auf unsere Kultur, als ich das bisher vermutete. Die großartige Tara DeFrancisco überraschte mich mit der Aussage, das etliche Filme und Serien auf einer Harold-Struktur beruhen.
Jede Episode der überaus erfolgreichen Serie Seinfeld ist ein Harold. Die Serie lief in 9 Staffeln von 1989 bis 1998. In jeder Folge bearbeiten sie ein übergeordnetes Theama auch verschiedenen Sichtwinkeln. Dabei sind die Treffen im Diner die jeweiligen Group Games, in den ersten Staffeln auch die Standup-Auftritte von Jerry Seinfeld, die nochmal das Geschehen der Episode reflektierten. Die Serie wurde gerade für ihr Drehbuch hochdekoriert. Die Writers Guild of America wählte Seinfeld auf Platz 2 der 101 Best Written TV Series hinter Die Sopranos. Ebenso war Seinfeld die beliebteste Serie der USA in den 90er Jahren, was bedeutet, das sich Qualität und Erfolg nicht ausschließen.
Die seit 2009 in bisher 5 Staffeln erschienen Serie Modern Family folgt ebenso einer Harold-Struktur pro Episode, die mit 22 Minuten die klassische Länge einer Harold-Show im Chicago-Style haben. Die Serie um eine große Patchwork-Familie folgt drei Familien: der neuen Familie von Vater Jay (der Al Bundy Darsteller Ed O’Neill hier in ernsthaft und überzeugend) und den Familien seiner erwachsenen Tochter und seines ebenfalls erwachsenen Sohnes. Auch hier ist ein übergeordnetes Thema pro Eposide vorhanden und die Treffen der Großfamilie sind die Groupgames zwischen den 3 Beats. Auch Modern Family ist ebenso Kritikerliebling und mit Auszeichnungen überschüttet wie auch beim Publikum äußerst beliebt.
Aber auch Filme nutzen die Haroldstruktur, auch wenn die Spielfilmlänge Umstellungen in der Struktur verlangen. Bei Magnolia von 1999 (Regie Paul Thomas Anderson) kreuzen sich die Wege neun verschiedener Personen (u.a. Tom Cruise, Julianne Moore und Philip Seymour Hoffman), die von ihren Vätern missbraucht oder im Stich gelassen wurden.
Die Beziehungen zwischen den erst einmal unabhängigen Episoden und Personen ergeben sich dabei im Laufe der Zeit. Ein Sprecher sorgt hier für das Opening und das verbindende Element am Ende, ebenso liefert die Titelmusik inspiration für die spätere Handlung. Magnolia gewann den Goldenen Bären, Tom Cruise erhielt den Golden Globe als bester Nebendarsteller.
Der Film L.A. Crash von Paul Haggis aus dem Jahre 2004 zeigt 24 Stunden aus dem Leben verschiedener Personen (u.a. Sandra Bullock, Matt Dillon und Ryan Phillippe), der Schicksale miteinander verkettet sind. Der Film benötigte 5 Jahre an Vorbereitung, um in nur 36 Stunden gedreht zu werden. Er gewann mehrere Oscars, u.a. als Bester Film.
Die Komödie Accidentally in Love von 2011 soll ebenso ein Harold sein, das ist nun auf meiner Watchlist. Ebenso bedient sich die Serie Lass es, Larry! (Orginaltitel: Curb Your Enthusiasm) über Larry David, dem Mastermind der Sitcom Seinfeld passenderweise der gleichen Struktur.
Da werde ich wohl demnächst Filme und Serien noch mal mit ganz anderen Augen sehen. Wo fallen euch noch Beispiele ein, die dieser Struktur folgen?
Harold - Teil 1: Strukur
Harold - Teil 2: Group Opening
Harold - Teil 3: Die Aufteilung der Beats
Es gibt einen neuen deutschsprachigen Podcast über Improtheater mit dem Namen "Hear and Now". Stephan Ziron hat sich hier speziell auf das Thema improvisierte Musik und Musik zu Improvisationstheater. Es soll etwa alle 14 Tage eine Folge erscheinen. In der ersten Folge geht es um die Ziele und Inhalte. Hört mal rein und gebt Feedback.
Und hier geht es direkt zur 1. Folge vom Podcast: https://www.impro-musik.de/ziele-inhalte/
Show von Imprologen.dk mit vorn links sitzend Stefan Pagels Anderson, dem Initiator des Festivals
Das Copenhagen Impro Festival ist nun vorbei. Es war eine große Freude, mit Improvisateuren eine Woche intensiv zu arbeiten. Es entsteht ein enger Zusammenhalt beim Erarbeiten von Techniken wie auch viel kreatives Kribbeln. Dazu kommen die Workshops, die gemeinsamen Auftritte und das sehen von anderen Shows. Doch dieses Freundschaft schließen und sich so eng verbunden fühlen ist großartig.
Ich war im Workshop bei der großartigen Tara DeFrancisco aus dem Ensemble vom iO Chicago, die kürzlich zur "Funniest Person in Chicago" von Free Press ausgezeichnet wurde. In 5 Tagen ging es gradlinig auf die Langform "Harold" zu, die das iO so berühmt gemacht hat. In dieser kurzen Zeit kann das Thema nur angerissen werden. Ich hatte da ja durch das Absolvieren des Summer Intensive Programms in Chicago einiges an Vorwissen. Gerade dadurch wurde für mich das so reizvoll, denn jetzt nahm ich Details viel klarer wahr.
Und es gibt auch unterschiedliche Methoden beim Harold, die Form entwickelt sich auch immer noch weiter. Viel werde ich da inhaltlich noch schreiben zu gegebener Zeit.
Die Showslots waren ebenso spannend. Es waren zweimal die iO Trainerinnen zu sehen, neben Tara waren das Jet Eveleth und Lyndsay Hailey vom iO West aus L.A. In drei verschiedenen Orten spielten parallel sowohl dänische Gruppen wie auch Teams aus Barcelona, Straßburg und Tallinn. Für eine erkrankte Spielerin einer Duoshow sprang auch die Improlegende John Hudson ein. Beim Bring Your Own Team, einer Open Stage hatte ich die große Freude mit meinen 4 Chicago-Mates vom letzten Sommer und Jet Eveleth das Eröffnungsset zu spielen. Ebenso brachten wir Tara-Kursteilnehmer einen kurzen Armando auf die Bühne. Am Freitag dann performten wir dann einen klassischen Harold vor vollem Haus in der Lygten Station. Feiern, und Samstag Bootstrip mit ein paar von den Improspielern und dann 3 Stunden Clowning-Workshop bei Jet. Sehr spannendes Feld. Abends nochmals Show, Imprologen zeigte einen Harold und die iO-Ladies setzten den glanzvollen Schlußpunkt. Die Nacht wurde dann noch einmal durchgefeiert, wie das halt so ist.
Es war toll und es ist viel zu viel für einen Artikel. Ich bin sehr glücklich, dabei gewesen sein zu. Nächstes Jahr gleich wieder.
Nun ist er zu Ende, schon eine Woche lang. Es wird Zeit ein wenig darüber zu schreiben. Durch die Designaufgaben war ich ja eh schon in die Orga eingebunden. Dazu kam, das ich zusammen mit Thomas Jäkel und Dominik Schäfer das Ewige Match plante. Ich wollte gern die französischen Schiedsrichter-Regeln ausprobieren. Deshalb trafen wir uns und legten uns auf folgende 6 Signale fest und machten ein Fotoshoting für die Signale und das Gruppenbild.
Wir nutzten die Signale sicher etwas zu wenig. Vielleicht ist auch ein Marathon dafür zu lange. Es war aber auch nur ein Teilaspekt, das match lief super. Wir 3 Moderatoren überlegten uns, in dem 12 Stunden Match uns nicht zu Wiederholen. Dazu legten wir für jede Stunde einen Schwerpunkt fest. Dann verteilten wir erst einmal thematisch passende Spiele, forschten im Impro-Wiki und bei englischen Quellen und erfanden schließlich noch ein paar Spiele. Diese werden wir noch ins Impro-Wiki einspeisen. Darunter waren in der letzten Stunde besonders viele - denn das Thema war Massenszenen zum Grande Finale - was es ja selten im Impro gibt und dem entsprechend wenig dokumentiert ist. Das lebendige Videogame oder die parallele Riesenmaschine, es war sehr schön Anzusehendes dabei.
Vom restlichen Marathon hab ich dann fast gar nichts mitbekommen. Moderieren ist schon sehr fordernd. Wir hatten jeder abwechselnd 4 Stunden Haupt- und 4 Stunden Nebenmoderation. Und ich hab in einer meiner "freien" Stunden auch noch unser Improbanden-Format "Geheime Bekenntnisse" gespielt. Aber das was auf der Match-Bühne entstanden ist war sehr befriedigend und es ist toll, wenn ein Plan funktioniert. Den Abschluss bildete eine 12-minütige Oper mit 30 Leuten, Arien, Chorus und einer gigantischen Sterbeszene - Opulenz hat diesen großartigen Event abgerundet.
Der Termin für den 3. Berliner Impro Marathon steht bereits: es ist der 25.4.2015. Ich bin in jedem Fall wieder dabei.
Das Buch "AuJA - Autismus akzeptieren und Handeln" von Christiane und Deniz Döhler ist nun erschienen. Ich bin dabei für das Layout und den Satz verantwortlich, es ist mein erstes Buch. Im gleichen Zuge ist die Webseite auja.org neu gemacht, die betreue ich ja schon seit einiger Zeit. Dort findet sich wie auch im Buch viel Hilfe für Eltern autistischer Kinder.
Hier im Video erklärt Deniz während einer Podiumsdiskussion zu angewandter Improvisation bei der Impro 2014 das Konzept von AuJA!
Die Impro 2014 war ja gerade - das Festival der Gorillas in Berlin. Einige Artikel sind in der Zwischenzeit entstanden, einige müssen noch geschrieben werden. Ich hab wieder viel gesehen und einiges an Anregung mitgenommen. Diesmal gab es wieder kombinierte und einzelne Artikel: