Die als Tag-Out oder Tag [tæg] (sieht im deutschen geschrieben seltsam aus, da es vom Kalender-Tag ja nicht unterscheidbar ist) genannte Technik beschreibt das leichte Klopfen auf die Schulter eines Spielers mit der flachen Hand. Diese Spielerin verläßt die Szene die verbleibenden Spieler*innen spielen weiter. Es fällt mir immer mal wieder auf, wie aus meiner Sicht handwerklich unsauber eine der zentralen Techniken des Szenenwechsels manchmal ausgeführt wird.
Die Basistechnik ist eigentlich ganz einfach und soll den Wechsel möglichst geschmeidig machen.
Das sind die Eckpunkte in 4 Schritten:
Zum einen ist alles Timing. Langsames reinschlürfen verpasst den Beat, der eigentlich zur Unterbrechung führt, es verwirrt ggf. das Publikum und Mitspieler und verschwendet Zeit. Außerdem bringt ihr Schwung und Energie mit, anstatt sie zu senken.
Ihr nähert euch eurerer Mitspielerin von hinten, wo bekanntlich keien Augen sind. Also die Berührung ist elementar und sollte im Kontext auf der Bühne keine Scheu erzeugen. Wenn das ein Problem für euch ist, dann bitte das vorher klar artikulieren - zumindest im westeuropäischen Kulturkreis ist das sonst der default. Die Berührung sollte merkbar sein, aber nicht mehr, sonst kann das als szenisches Angebot interpretiert werden. Noch schlimmer sind keine Berührungen. Das sorgt für allgemeine Konfusion - das nötige umdrehen und orientieren braucht Zeit, wer soll raus und wohin abgehen ist unklar.
Der taggende Spieler nährt ich einer der beiden Schulterseiten, als steht leicht diagonal, die Mitspielering dreht sich zur anderen Schulterseite weg. So steht ihr euch nicht im Weg oder im schlechteren Fall fallt übereinander und verletzt euch gar. Der Abgang ist ebenso zügig.
Ein Tag-Out ist genau dafür da, das weitergespielt wird und kein Grund von der Bühne zu fliehen. Die reinkommende Spielerin definiert, mit wem es weitergeht. Also soll wie immer beim Impro kein Vorplanen und Vordenken stattfinden. Stattdessen macht euch bereit für den Spaß in der nächsten Szene.
Das ist es schon. Vier ganz einfache Regeln, und die sollten wirklich achtsam ausgeführt werden. Im Standardfall beginnt der neu hinzugekommene Spieler mit einem neuen Angebot, verbal oder non-verbal. Und schon geht es weiter.
Es gibt da auch Erweiterungen zu dieser Technik - wie zum Beispiel rein optisches Abklatschen zur anderen Bühnenseite (um Laufwege abzukürzen und Zeit zu sparen), vor Figuren eindrehen als Szenenwechsel etc.. Ebenso kann es unterschiedliche Konventionen geben, wie es weiter geht. So können komplett neue Szenen jeweils anfangen oder die auf der Bühne bleibenden Figuren werden fortgesetzt. Die Übernahme der Körperhaltung (wie beim Freeze Tag) - wird der Tag-Out mit dem zusatzlichen Ruf "Freeze" oder lautem Klatschen angekündigt. Aber diese speziellen Erweiterungen gehören nicht zum Tag-Out per se, sondern das sind Abmachungen für spezielle Formate.
Eine Übereinkunft in die 4 Schritte und eine saubere Durchführung würde ich mir für alle Impro-Kurse wünschen, die die Tag-Out-Technik einsetzten. Wiederholt es gern und oft, denn das ist einfaches Impro-Handwerk. Und genießt den eleganten Erzählfluß.
Foto: WRM / Liam Robert Photography aboutbalance, East Van Comedy, Vancouver CC BY-NC-ND 2.0
Auch zu diesem Thema: Geschmeidige Szenenübergänge beim Impro.
Das Thema Angebote ist ein viel diskutiertes. Schon allein bei der Begriffsdefinition geht es los. Um es einfach zu halten bezeichne ich damit die erste Handlung bis hin zum ersten Satz eines Spielers. In den USA wird auch an einigen Schulen der Begriff Gift - also Geschenk - an Stelle von Offer verwendet. Ein/e Spieler/in schenkt ein erstes Szenenstückchen ihrer/m Mitspieler/in. Und im Grunde ist bei konsequentem Yes, And jeder Satz ein Geschenk, deshalb grenze ich das mit dem initial auf Szenenanfänge ein.
Interessant dabei, das es scheinbar zwei Schulen gibt, die oft als zwei Gegensätze dargestellt werden: Die Verfechter des offenen Angebots und die des definierenden Angebots. Stark definierend meint dabei eine klare Festlegung von einem oder mehreren Parametern wie Ort, Beziehung, Emotion, Handlung [1] - und zwar oftmals verbal. Ein offenes Angebot ist dagegen in vielen Bereichen unbestimmt - scheinbar. [2] Denn ein starkes offenes Angebot ist nichts weiter als das verbale durch Zeigen zu verlagern. Die/der Mitspieler/in ist gezwungen, genauer zu schauen, was denn da noch alles an Emotion oder Haltung nonverbal mitschwingt. Es schafft dadurch sowohl überraschende Wendungen wie auch ein echteres Spiel.
Beide Formen eines Angebotes haben ihre Stärken. Das hängt zum einen von der Form ab. In kurzen Freeze-Szenen ist allein der Schnelligkeit geschuldet Klarheit, gern auch verbal beinahe ein muss. Ist mehr Zeit, können beide Varianten schön sein. Schnell Fahrt in eine szenische Richtung aufnehmen mittels Holzhammer: "Captain, das Schiff brennt" - führt leicht dazu, das nun eine hektische Löschszene folgt. Das Angebot annehmen und auf eine Beziehungsebene kommen ist dann der weitere Schritt "Erster Offizier, ich bin stolz mit ihnen unterzugehen." Ein offenes oder in der Extremform als blind bezeichnete Angebot "Schau mal was ich hier habe!" kann im körperlich gespielten Kontext stark sein, oder eben auch unglaublich neutral. Dann erhöht sich der Druck und die Verantwortung auf die/den Mitspieler/in, das Angebot entsprechend zu lesen und in den Details eine Inspiration zu finden. Hattet ihr ein starkes Angebot im Kopf, wird es eure Körperlichkeit zeigen, hattet ihr selbst keine innere Haltung dazu, wird sie auch schwer sichtbar sein.
Ich solltet euch ebenso sicher sein, das euer/eure Mitspieler/in die Zeit hat, das auf der Bühne auch wahrzunehmen und vielleicht generell die Fähigkeiten schon ausgeprägt hat, mit so leisen Angeboten umzugehen. Helft ihr/ihm möglichst schnell, wenn ihr ebenso Ratlosigkeit wahrnehmt. Macht eure/euren Mitspieler/in zur wichtigesten Person für euch und lasst sie/ihn erstrahlen. Und das fängt mit einem starken Angebot an, der das YES, And ... möglichst einfach macht.
[1] siehe Improwiki: Angebot
[2] siehe Fokus des Monats Januar: Angebote
Es gibt etliche Arten, eine Improszene zu beenden. Dabei können sich danach sowohl weitere Szenen anschließen, ein Moderationsteil folgen oder die Show (oder Halbzeit) zu Ende sein. Eigentlich ein ständig gebrauchtes Mittel und Handwerkszeug, dem teilweise erstaunlich wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Für mich interessante Faktoren sind dabei Klarheit für Publikum und Mitspieler, Geschwindigkeit und Kontexteinpassung.
Regieanweisung: Eine aussenstehende Regie, ob in einer Rolle agierend oder nicht ruft von Außen Szenenwechsel herein. Eine klassische Ausprägungsform davon ist die Gorilla-Theater-Form, die Keith Johnstone entwickelt hat. Durch den klar hereingerufenen Szenenwechsel sollten bei Spielern und Zuschauern keine Fragen auftauchen. Es eignet sich auch sehr gut für Einsteiger. Die Regie nimmt die Verantwortung für das Erkennen der Beats und des besten Zeitpunkts den Spielern ab. Aber alles hat seine zwei Seiten: Spieler achten ggf. weniger selbst auf Beats und verlieren an Spannung. Es kommt zu einer Verdrängung des eigenen Impulses den Mitspielern zu helfen. Ich würde den Szenenwechsel als eher langsam und eher wenig organisch bezeichnen.
Freeze: Mitspieler ausserhalb der Szenen rufen das Wort Freeze oder Klatschen. Mit etwas Training reagieren die meisten Spieler darauf, das Publikum bekommt es erklärt oder lernt es relativ schnell. Bei Freeze wird im Allgemeinen erwartet, das die Spieler auf der Bühne bewegungslos einfrieren. Der neue Spieler klatscht einen Spieler aus der Szene per Schlag auf die Schulter aus und übernimmt dessen Körperhaltung. Freeze ist ebenso hoch invasiv wie die Regie von Außen, nur mit dem Unterschied das die Mitspieler jetzt selbst verantwortlich sind und damit hoffentlich wacher dem Geschehen folgen. Es ist die langsamste Szenenwechseltechnik. Ich mag gern hereinkommende Spieler mit etwas mehr Tempo, um die Standpausen zu minimieren.
Sweep: Das Wegfegen der Szene wird durch eine vollständigen Überquerung eines Mitspielers am vorderen Bühnenrand erreicht. Damit ist die Szene beendet, die Spieler gehen ab. Sollte hier einmal Unklarheit herrschen und es wird weiter gespielt, wird der Sweep wiederholt, gern auch von mehreren Mitspielern. Es gibt geteilte Meinungen, ob der sweepende Spieler auch gleich die nächste Szene anfangen sollte oder nicht. Ich bin der Meinung, das es als Unterstützung der Mitspieler viel wertvoller ist, einen Beat zu erkennen und die Szene zu beenden, es muss nicht gleich eine neue Idee dahinter stehen. Es sollten sich alle Spieler der Gruppe aktiv am Sweepen beteiligen. Ebenso schöner Effekt dabei ist, das die Spieler ihren Eintrittsort für die nächste Szene damit verändern können und generell etwas Lockerheit entsteht. Sweeps wirken oft sehr gut integriert und sind schnell, vor allem wenn der Sweepende tatsächlich direkt in die nächste Szene einsteigt.
Focuswechsel: Während die Akteure noch spielen, fängt ein oder mehrere Mitspieler an, auf der Bühne zu agieren. Dabei können sie lauter werden, deutlicher in den Vordergrund treten oder einfach eine andere Dynamik haben. Die bisherigen Spieler nehmen das wahr und blenden ihre Szene in der gleichen Art aus wie die anderen langsam einblenden. Dieser Wechsel ist sehr organisch und wirk unglaublich toll, erfordert aber auch sehr viel Aufmerksamkeit. Sollten mehrere Spieler einfaden, können sie sich zum Beispiel mit Blicken abstimmen. Es gibt quasi gar keinen Leerraum zwischen den Szenen.
Lichtblende: Gibt es bei der Show eine/ Lichttechniker/in, kann mittels wechselnder Beleuchtung ein Szenenwechsel forciert werden. Dabei können je nach Gegebenheit Farben, einzeln beleuchtete Bühnenplätze oder kurze Schwarzblenden dienen. Die Geschwindigkeit dabei ist sehr hoch, da der Zuschauer die ganze Zeit visuell beschäftigt ist. Dabei sind sie für das Publikum oft schneller klar als für die Spieler und benötigen deshalb verstärkte Aufmerksamkeit. Blenden wirken immer sehr elegant, oftmals kommen im Anschluss fragen, was davon Absprache war.
Musikblende: Auch eure/euer Musiker/in kann Szenenwechsel einleiten. Dabei können sowohl bereits etablierte Klangmuster verwendet werden wie auch sich deutlich abgrenzende Sounds. Auch Musikblenden wirken sehr organisch und gut passend, erfordern aber auch viel Aufmerksamkeit der Spieler.
Neue Initiationen: Es gibt den Szenenwechsel auch aus der Szene heraus ohne jegliche formalisierten Zeichen. Dabei beginnt ein/e bereits in der Szene befindliche/r Spieler/in eine deutlich ausserhalb der Szene liegende neue Szene. Oft ist das gepaart mit einem gut unterscheidbaren anderem Character. So können ebenfalls zu bereits etablierten Charakteren und deren Szenen gewechselt werden. Dieser Wechsel birgt das größte Potential für Missverständnisse bei Spielern und Publikum. Daher sollte hier mit größter Aufmerksamkeit auf die schnelle Unterscheidbarkeit geachtet werden. Da alles bei gefüllter Bühne passiert ist auch keinerlei Lücke zwischen den Szenen.
Andere Formen: Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, andere Verabredungen zu Szenenwechseln zu machen. So ist zum Beispiel beim Format "Toaster" das Hinknien bzw. das Aufstehen eines beliebigen Spielers das Zeichen zum Szenenwechsel. Wird originaler Shakespeare-Stil gespielt, so beendet ein Reim eine Szene (denn in der reinen Handlung seiner Komödien und Dramen reimt Shakespeare nicht). In dieser Art gibt es sicher noch weitere Beispiele. Schreibt gern in den Kommentaren, was euch noch dazu einfällt.