Das Annoyance Theater in Chicago ist bekannt dafür, subversive und experimentelle Ansätze auf die Impro-Bühne zu bringen. Vor 25 Jahren mit einem Splatter-Musical gestartet wird dort sowohl geskriptetes Theater (da oft auf Improvisation basierende Scripts) und reines Impro-Theater gespielt. Das Theater hat etwa 100 Sitzplätze und war gut gefüllt.
Im Samstagnachtprogramm geht es relativ nakt zu: um 22:00 Burlesque is more und um 00:00 Skinprov.
In der Show Burlesque is more werden vom Host des Abends und Club Owner, Nick Divencenzo jede der sieben Damen als schon feststehender Charakter vorgestellt. Eine vom Publikum eingeholte Vorgabe (neugierig sein / bespitzeln) wird in kurzen Gruppenszenen aufgegriffen. Den Hauptteil der Show bilden Monologe der Damen, die jeweils in einem Striptease münden, nach Burlesque-Art endend mit kreativ abgedeckten Brustwarzen. Dabei wirken die gut ausgespielten Monologe für mich als schon vorher ausgearbeitet. Abwechselnd zu sehen sind der Host mit Stand-Up Comedy und Gruppentanzszenen, in denen die Beteiligten sichtlich sehr viel Spaß haben, Striptease ad absurdum zu führen. Der Improanteil in den Plott-Szenen der Show ist verschwindend klein, die Story ist so hauchdünn, das man sie durchaus auch komplett übersehen könnte. Das allerdings schreiben sie auch in der Showankündigung, also zumindest kann man sich darauf vorbereiten.
Nach den Damen finden sich um Mitternacht 16 Herren auf der Bühne zu Skinprov ein. Diesmal ist die Show komplett improvisiert. Ziel der Show ist es, das alle Spieler zum Schluß in Boxershorts auf der Bühne sind, wie vom Artistic Director und Gründer des Annoyance, Nick Napier erklärt. Das wird mit einer ersten Runde Holzhammermäßig forciert:
"Hey, dich hab ich doch gestern schon gesehen!"
"Oh ja, lass uns unsere Shirts ausziehen."
Es wird mit sehr hohem Tempo gespielt. Die Lichtfrau blendet sehr schnell zu schwarz, Szenenwechsel mit neuen Spielern in Position und weiter geht es. Es fallen nie mehr als 4 Sätze, oft nur ein oder zwei. Ab und zu wird für kleine Games das Publikum befragt. Es folgt dann eine zweite Runde, in der die Hosen fallen, ähnlich unelegant wie zuvor die Hemden. Es gibt bei so kurzen Szenen und späteren Freezetags keinerlei Beziehung zwischen den Charakteren, es sind reine Improv-Comedy-Einzeiler.
Zum Schluss lässt Nick noch das Publikum raten, welcher der Spieler denn Schwul wäre. Und zumindest da ist einiges an ehrlichem und schönen Humor sichtbar und die Gruppe wirkt erstmalig als Team.
Fazit: Ausziehen allein macht kein gutes Impro. Aber Spaß an dem flachen Trash hatten sowohl Spieler wie Publikum. Dann ist das schon in Ordnung.