Bei einem Improtheaterwettkampf gibt es neben den beiden Mannschaften noch weitere Aufgaben auf der Bühne - die/der Moderator/in und die/der Schiedsrichter/in - was eine oder mehrere Personen ausfüllen können. Dabei gibt es für den Schiedsrichter ganz unterschiedliche herangehensweisen.
Der zurückgenommene Schiedsrichter
Die/der Schiri ist eine neutrale Person, also mehr der Organisator, erklärt kurz die Spiele und leitet die Abstimmung mit Jury oder Publikum. Hier bietet sich auch die Personalunion mit der Moderation an. In der Urform nach Keith Johnstone waren sogar 3 Schiedsrichter/innen dabei, die die Punkte vergaben. Dabei können gnadenlose Schiedsrichter/innen auch Punkte abziehen oder willkürlich vergeben und die Emotionen des Publikums noch weiter steigern. Beliebt ist dabei auch, das die/der Schiri vorsätzlich möglichst unbeliebt beim Publikum ankommt, um die Spieler um so heller scheinen zu lassen.
Schiri als Rolle
Die/der Schiedsrichter/in steht selbst als Rolle auf der Bühne. Damit nimmt die Figur auch sehr viel zentraler am Abendgeschehen teil und stielt mehr Fokus von den Spielern. Die Schiedsrichterfigur kann dabei stark überzeichnet sein, ob bürokratisch, aufbrausend, vertrottelt, egoman etc. Gelingt die Balance zwischen Figur und Spielgeschehen ist es recht hübsch anzusehen. Aber das Risiko ist höher, das es auch nicht funktioniert. Es ruht sehr viel mehr Verantwortung für den Abend dann auf dieser Spielfigur.
Das französische Modell
Im französchischen Raum etablierte sich Theatersport etwas anders. Es gab mehr formale Reglungen, um dem Publikum das Wesen des Improtheaters näher zu bringen. Der Schiedsrichter agierte noch mehr im Sport-Sinne. Regelverstöße wurden direkt während des Spiels per Pfiff und Geste des Schiedsrichters angezeigt. Je nach Schwere gab es nach ein bis drei Verstößen Strafpunkte. Darunter fielen technische Fouls wie Verspätetes Spiel (Schiri-Anzeige: Mit erhobenem Zeigefinger die Hand drehen), Illegale Spielerzahl (Mit der Hand an den Kopf schlagen) oder Nicht beachteter pantomimischer wie auch inhaltliche Fouls wie zum Beispiel Nicht respektiertes Thema oder Klischee [1]. Der Abzug der Punkte erfolgte dann nach der Szene.
Das französische Modell scheint im deutschen Raum inzwischen selten anzutreffen sein. Die Weltmeisterschaft 2006 wurde nach diesem System gespielt. Ich würde das ja gern einmal sehen bzw. selbst spielen, um abschätzen zu können, wie sich die enge Auslegung auf das Gesamtspiel auswirkt.
[1] Aus dem Improliga Rundbrief III/1998
Schiedsrichter-Handzeichen bei Fouls im Bewertungssystem der Ligue d'improvisation française (LIF)
1. Schwere Störung - Doppelte Bewegung des Unterarms
2. Verspätetes Spiel - Mit erhobenem Zeigefinger die Hand drehen
3. Illegale Spielerzahl - Mit der Hand an den Kopf schlagen
4. Nicht beachteter pantomimischer Gegenstand - Die Hand zieht am Schal
5. Formfehler - Wiederholte Schläge auf den Arm mit der Handkante
6. Sich lustig machen - Lange Nase zeigen
7. Nicht respektiertes Thema - Mit den Zeigefingern ein Rechteck malen
8. Klischee - Schlag auf die Fersen
9. Sich absetzen - Armbewegung von oben nach unten mit geschlossenen Fäusten
10. Verwirrung, Undeutlichkeit - Umdrehung der Arme vor der Brust
11. Härte, abstoßender Charakter - Faustschlag auf die offene Hand
12. Rollenverweigerung - Die Hand bedeckt das Gesicht
13. Kein oder zu wenig zuhören - Hand auf den Ellbogen
14. Verstopfen oder verschleppen (größerer Art) - Die Arme machen ein X Richtung Schultern
15. Schlechtes Verhalten - Die Hände auf die Hüften
16. Hauptspielbestrafung - Doppelte Handbewegung auf die Hüfte
17. Schon gesehen - Die Hand vor das Auge in Form eines O
Einer der Megastars im Improv ist mit Sicherheit TJ Jagodowski vom Duo TJ & Dave. Seine größte Fähigkeit ist andere erstrahlen zu lassen. Hier ein Interview des in Chicago lebenden TJs - zwar in unendlich viele Teile zerkleinert, trotzdem sehr sehenswert. In diesem Video geht es um die spannende Frage: What happens when a player is burnt out?
Da kommt mir einiges bekannt vor.
Meine Recherche über die Geschichte des Improtheaters ist durchaus schwierig. Das Internet als Quelle bildet für Frühzeit hauptsächlich Gründungen und Meisterschaften ab, und die Quellen sind rar. Trotzdem hier einmal eine Übersicht über Gründungen bis 1995 und stattgefundene Meisterschaften. Zum Teil gibt es sich widersprechende Quellen (z.B. wer die 2. Deutsche Meisterschaft gewann und wo die Europameisterschaft 1999 stattfand). Für jegliche Form der Ergänzung bin ich sehr dankbar.
Gruppengründungen in Deutschland
1983 Springmaus (Bonn)
1984 Die Stegreifbühne (Münster)
1987 Emscherblut (Dortmund)
1990 6 auf Kraut (Nürnberg), Beutelboxer (Würzburg), DRAMA light (Mannheim), projekttheater dresden, Harlekin Theater (Tübingen)
1992 fastfood Theater (München), Steife Brise (Hamburg), Hottenlotten (Bochum), Anonyme Improniker (Bamberg), Letzte Erlanger Oberhitze (Erlangen)
1993 Freispiel 38 ü. NN (Krefeld), Theater mit beschränkter Hoffnung (Konstanz)
1994 instant impro (Bremerhaven), Ampere Theater (Frankfurt/Main), placebotheater (Münster), Theater L.U.S.T. (Freiburg), TATwort (München)
1995 Theatersport Berlin, Theater RequiSiT (Hofheim), Ex- und Hopp (München), Die Riemenaufschneyder zu Würzburg, ImproVision (Erfurt)
Meisterschaften
1993 - 1. Deutsche Improtheater Meisterschaft in Dortmund
u.a. mit Emscherblut (Dortmund) - Gewinner, 6 auf Kraut (Nürnberg) - Vize, fastfood (München), Beutelboxer (Würzburg), DRAMA light (Mannheim), projekttheater dresden, Letzte Erlanger Oberhitze (Erlangen)
1995 - 2. Deutsche Improtheater Meisterschaft in Hamburg
u.a. mit fastfood (München) - Gewinner, Emscherblut (Dortmund) - Gewinner, Steife Brise (Hamburg), Springmaus (Bonn), Fortuna Faust (Tübingen), Beutelboxer (Würzburg), DRAMA light (Mannheim), Letzte Erlanger Oberhitze (Erlangen)
1996 - 3. Deutsche Improtheater Meisterschaft in München
u.a. mit fastfood (München) - Gewinner (geteilt), Freispiel 38 ü. NN (Krefeld) - Gewinner (geteilt), Beutelboxer (Würzburg), DRAMA light (Mannheim)
Es entstand darüber der Dokumentarfilm "Wie das Leben spielt."
2000 - 4. Deutsche Improtheater Meisterschaft in Nürnberg
u.a. mit fastfood (München) - Gewinner, DRAMA light (Mannheim) - Vize, Beutelboxer (Würzburg), 6 auf Kraut (Nürnberg)
2009 - 5. Deutsche Meisterschaft in Berlin
mit 6 auf Kraut (Nürnberg), DRAMA light (Mannheim), Emscherblut (Dortmund), fastfood (München) - Gewinner, Für Garderobe keine Haftung (Wiesbaden), Kaktussen (Würzburg), Lauter (Köln), Steife Brise (Hamburg), Theaterturbine (Leipzig)
Weitere internationale Wettbewerbe:
1998 - 6. französischsprachige Weltmeisterschaft (Coupe du monde) in Marcq-en-Baroeul (Frankreich)
Teams aus Argentinien, Frankreich, Belgien, Italien, der Schweiz, Kanada und dem Kongo mit Beteiligung von Emscherblut im Rahmenprogramm
1999 - 1. Europäische Meisterschaft im Improvisationstheater in Graz oder Dortmund
u.a. mit Theater im Bahnhof (Graz) - Gewinner, Emscherblut (Dortmund)
2006 - 1. Weltmeisterschaft im Improvisationstheater in Deutschland
mit 16 Teams aus Argentinen, Belgien - Gewinner, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Marokko, Neuseeland, Österreich, Russland, Schweden, Slowenien, USA, Simbabwe
Quellen
https://www.emscherblut.de/geschichte.htm
https://www.impro-theater.de/index.php?option=com_content&task=view&id=171&Itemid=2
https://www.fastfood-theater.de/story/
https://www.springmaus-theater.de/unser-haus/history.html
Springmaus Historie - Gründer Bill Mockridge erzählt wie alles begann
https://www.springmaus.com/history/history.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Fastfood_Theater
https://www.filmportal.de/film/wie-das-leben-spielt_758d9b10942d4349a400e631a56ccb22
https://www.beutelboxer.de/?page_id=476
https://www.6aufkraut.de/data/geschichte.html
https://www.drama-light.de/improvisationstheater/vita.php
https://www.hottenlotten.de/
https://theaterverlag.eu/13.Improkontakte.html?lc%5Bcountry%5D=DE&lc%5Bzip%5D=4
https://www.projekttheater.de/archiv/18_20%20jahre_alle%20seiten.pdf
https://www.theaterportal.de/detail_stueck?pident=22449
https://www.tuebingen.de/519.html#7123
https://www.instant-impro.de/index.php?id=oeffentlich
https://www.muenster.org/Stegreifbuehne/
https://www.ampere-theater.de/pages/ensemble.php
https://www.placebotheater.de/inhalte/ensemble/
https://www.theater-requisit.de/
https://www.tmbh.com/impro.html
https://www.harlekintheater.de/
https://www.theatersport-freiburg.de/christian-schulz.htm
https://www.tatwort.de/ensemble.html
https://www.ex-hopp.de/index.html
https://www.anonyme-improniker.de/
https://www.improvision.de/wir_sind.htm
https://www.theatersport-wm.de/wm/index.html
Audio:
Podcast von Claudia Hoppe mit Katharina Butting (Steife Brise), wo es unter anderem um die Gründungsphase der Steifen Brise und der 1. Meisterschaft Anfang der 90er geht. https://claudiahoppe.com/2013/10/29/podcast-nr-8-katharina-butting-steife-brise-gast-im-interview/
Paneldiskussion bei der IMPRO 2013 in Berlin über die Geschichte von Impro in Italien, Indien und den USA / Canada mit Davide Arcuri, Kaneez Surka, Mike Fly https://www.stephanholzapfel.de/Audio%20Panel%20IMPRO%202013.mp3.
Das Konzept klingt überraschend schlicht: Zuschauer schreiben Zettel, Spieler lesen es auf der Bühne vor und werden dafür geliebt. Und in der Tat ist das wirklich so, es scheint ganz unabhängig vom Spiel zu sein - Zettelspiele funktionieren immer, zumindest fürs Publikum.
Ein Punkt für die Beliebtheit ist die "gefahrlose" Möglichkeit der Mitgestaltung. Mit etwas Zeit in der Pause denken sich viele etwas lustiges aus und legen eine beeindruckende Vorfreude an den Tag, ohne auf die Bühne zu müssen. Ich hab Leute während des Spiels bibbernd die Fäuste geballt von den Lippen ablesen können "nehmt mein Zettel, hoffentlich mein Zettel". Auch hab ich öfter nach der Show den Satz "Schade das meiner nicht dabei war" als zentralen Kritikpunkt der Show gehört. Es geht wirklich eine bezaubernde Kraft von dieser Art Interaktion aus. Die Spieler verkörpern stellvertretend den Zuschauer in diesem Moment.
Für Spieler ist das im Umkehrschluss gefährlich. Es reicht einfach Zettel vorzulesen. Es wird gelacht, ein weiterer Zettel folgt und wird wieder belohnt. Dabei entstehen nicht unbedingt großartige Szenen. Viel von dem Potential des Spiels bleibt ungenutzt. Daher habe ich mal die Punkte gesammelt, die meiner Meinung nach das ganze in eine Szene voller Magie verwandeln:
- Fordert wörtliche Rede auf die Zettel zu schreiben. Es ist sonst schwieriger, das Vorzulesende flüssig in Szenen zu integrieren. "Sätze die ihr heute gehört habt" oder "Sätze die ihr schon immer auf der Bühne hören wolltet" geben dem Publikum eine klare Vorstellung, was sie schreiben können.
- Nehmen euch Zeit vor dem ersten Zettel. Gebraucht wird eine klassisch solide Szenenbasis: stattet die Szene erst aus, definiert kurz Charakter, Beziehung, Ort.
- Steigert die Fallhöhe des Zettels. Macht den Satz schon vorher zu einem wichtigem Statement. Es ist nichts beiläufig Gesagtes. Lest den Zettels auch entsprechend vor.
- Macht verwendete Zettel unbrauchbar. Nichts ist nerviger als doppelt vorgelesene Sätze. Habt ihr die Zettel auf dem Boden liegen, zerknüllt die. Kommen die aus einem Gefäß, werft sie nicht dahin zurück. Das klingt banal, aber ich habe das mehrfach auf der Bühne passieren sehen.
- Sagt Ja zur Aussage des Satzes. Nehmt es in keinem Fall zurück, egal was es ist. Wenn der Zorn eurer Mitspieler über euch hereinbricht um so besser. Haltet die Gefahr aus. Hier liegt die eigentliche Aufgabe, wirklich alles in einer schönen Art und Weise in die Szene einzuarbeiten.
Damit bringt ihr die Zuschauer nicht nur zum Lachen sondern auch zum Staunen. Spielt ihr das Zettelspiel gut, passen die Sätze perfekt in die Szene, als ob es vorher verabredet war.
Eine Show-Review von mir ist auf Impro-News erschienen: Impromania: Harmonierende Unterschiedlichkeit bei Gurke Banane. Bei der Impromania handelte es sich um ein Formate-Wettstreit. jede der teilnehmenden Gruppen trat mit einem Vormat an, das die Zuschauer hinterher auf einer Sechserskala bewerten konnten. Wie in dem Artikel herauszulesen ist fand ich die Show sehr gelungen. Ebenso hatte ich den Eindruck, das Publikum amüsierte sich prächtig. Am Sonntag allerdings belegte das Format den 6. und letzten Platz. Das wunderte mich dann schon. Denn eine Supershow läßt ja auch das Format erstrahlen.
Gurke Banane als Format ist schon etwas älter, die Gorillas spielen es schon seit 7 Jahren jede Woche im Ratibor-Theater. Das kann sicher zu einigem Abzug geführt haben. Die Spieler waren auch sämtlichst nicht von den Gorillas und spielten ausgesprochen stark - vielelicht war das auch eine Überlegung bei den Zuschauern. Und letztendlich ist es natürlich immer fraglich, ob so schlechte Noten überhaupt vergeben werden. Da gibt es sicher sehr unterschiedliche Auffassungen über die Ausnutzung der vollen Skala. Daher ist der Gehalt des gewählten Verfahrens vielleicht auch etwas fraglich. Konkretere Fragestellungen, die bewertet werden sollen wären vielleicht denkbar, oder auch eine erklärendere An- oder Abmoderation.
Die Impromania gewonnen hat übrigens Rocket Sugar Factory mit dem Format "The great race pursuit chase", hier von Berlinerie beschrieben.
Nach einer kleinen Pause haben Thomas Jäkel und ich wieder gepodcastet. IWN #034 dreht sich um die erfolgreiche britische und amerikanische Variante der Impro TV-Show "Whose Line is it Anyway?".
Den Podcast könnt ihr euch hier anhören: https://www.impro-news.de/2013/10/improv-world-news-episode-034-18-10-2013-whose-line-is-it-anyway/. Viel Spaß.
Am Wochenende (11.-13. Oktober 2013) war ich als Trainer zum zweiten Improv-Barter in Brüssel eingeladen. Die sehr charmante Idee dazu hatte Dona-iuliana Ursa, denn sie beruht auf Austausch. Das Angebot ist folgendes: ein Tag Workshop geben über ein bestimmtes Impro-Thema und dafür freie Übernachtung, phantastisches Essen und einen selbstgehäkelten Hut bekommen. Ich wollte schon immer mal nach Brüssel und hab da gar nicht lange überlegt. Mir liegt die Idee des Teilens und Tauschens als großer Freund von Open Source und Creative Commons eh sehr am Herzen.
Eine Stadt mit Führung zu erkunden ist ja um Längen schöner. Dona wohnt dazu auch direkt in der Innenstadt und empfing mich unglaublich herzlich. Es fühlte sich vom ersten Moment gleich richtig toll an. Nach dem gemeinsamen Frühstück ging es gleich in die Stadt - die wirklich sehr atmosphärisch ist. Sehr viel Jugendstil und interessante Architektur. Später am Abend zogen wir noch los ins Brüsseler Nachtleben. Belgien hatte gerade die Qualifikation zur Fussball-WM geschafft, überall wurde schwer gefeiert.
Samstag ausschlafen, Brunch mit vielen spannenden Geschichten - ein wunderbar lockeres starten in den Tag. Danach war weiter Stadt ansehen angesagt - das Atomium wollte ich unbedingt erleben. Das ist schon seit meiner Kindheit ein Traum, das Gebäude hat mich immer schon fasziniert. Und es aussen wie innen sehr beeindruckend. Viel Höher und mächtiger als in meiner Vorstellung erwartet zeigt das Atomium (Baujahr 1958) eine Art retro-futuristischer Stil. Abends dann köstliche Muscheln zum Dinner.
Sonntag war dann endlich Improtag. Im Workshop waren 10 Teilnehmer, zum größeren Teil kannten sich die Spieler, aber es waren auch neue Gesichter dabei. Das Konzept ist große Offenheit für alle Leute, die gern Improtheater probieren oder intensivieren wollen. So war auch die Vorerfahrung von gänzlich neu bis zu schon deutlich Fortgeschritten. Und das harmonierte sehr gut. Bei fast allen Teilnehmern war Englisch auch nicht die erste Sprache, also gleiche Voraussetzungen. Mit viel Energie gingen wir die Schwerpunktthemen Szene und Charakter an und hatten sehr viel Spaß und viele gute Szenen. Mir hat der Improv Barter viel Spaß gemacht, kann ich nur wärmstens empfehlen.
Ich hab zur Show im Bühnenrausch Berlin von BATS Improv aus San Francisco am 4.10.2013 was bei Impro-News.de geschrieben: https://www.impro-news.de/2013/10/starke-frauen-aus-san-francisco-bats-improv/. Es war eine sehr inspirierende Show. Bitte mehr davon.
Es gibt etliche Arten, eine Improszene zu beenden. Dabei können sich danach sowohl weitere Szenen anschließen, ein Moderationsteil folgen oder die Show (oder Halbzeit) zu Ende sein. Eigentlich ein ständig gebrauchtes Mittel und Handwerkszeug, dem teilweise erstaunlich wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Für mich interessante Faktoren sind dabei Klarheit für Publikum und Mitspieler, Geschwindigkeit und Kontexteinpassung.
Regieanweisung: Eine aussenstehende Regie, ob in einer Rolle agierend oder nicht ruft von Außen Szenenwechsel herein. Eine klassische Ausprägungsform davon ist die Gorilla-Theater-Form, die Keith Johnstone entwickelt hat. Durch den klar hereingerufenen Szenenwechsel sollten bei Spielern und Zuschauern keine Fragen auftauchen. Es eignet sich auch sehr gut für Einsteiger. Die Regie nimmt die Verantwortung für das Erkennen der Beats und des besten Zeitpunkts den Spielern ab. Aber alles hat seine zwei Seiten: Spieler achten ggf. weniger selbst auf Beats und verlieren an Spannung. Es kommt zu einer Verdrängung des eigenen Impulses den Mitspielern zu helfen. Ich würde den Szenenwechsel als eher langsam und eher wenig organisch bezeichnen.
Freeze: Mitspieler ausserhalb der Szenen rufen das Wort Freeze oder Klatschen. Mit etwas Training reagieren die meisten Spieler darauf, das Publikum bekommt es erklärt oder lernt es relativ schnell. Bei Freeze wird im Allgemeinen erwartet, das die Spieler auf der Bühne bewegungslos einfrieren. Der neue Spieler klatscht einen Spieler aus der Szene per Schlag auf die Schulter aus und übernimmt dessen Körperhaltung. Freeze ist ebenso hoch invasiv wie die Regie von Außen, nur mit dem Unterschied das die Mitspieler jetzt selbst verantwortlich sind und damit hoffentlich wacher dem Geschehen folgen. Es ist die langsamste Szenenwechseltechnik. Ich mag gern hereinkommende Spieler mit etwas mehr Tempo, um die Standpausen zu minimieren.
Sweep: Das Wegfegen der Szene wird durch eine vollständigen Überquerung eines Mitspielers am vorderen Bühnenrand erreicht. Damit ist die Szene beendet, die Spieler gehen ab. Sollte hier einmal Unklarheit herrschen und es wird weiter gespielt, wird der Sweep wiederholt, gern auch von mehreren Mitspielern. Es gibt geteilte Meinungen, ob der sweepende Spieler auch gleich die nächste Szene anfangen sollte oder nicht. Ich bin der Meinung, das es als Unterstützung der Mitspieler viel wertvoller ist, einen Beat zu erkennen und die Szene zu beenden, es muss nicht gleich eine neue Idee dahinter stehen. Es sollten sich alle Spieler der Gruppe aktiv am Sweepen beteiligen. Ebenso schöner Effekt dabei ist, das die Spieler ihren Eintrittsort für die nächste Szene damit verändern können und generell etwas Lockerheit entsteht. Sweeps wirken oft sehr gut integriert und sind schnell, vor allem wenn der Sweepende tatsächlich direkt in die nächste Szene einsteigt.
Focuswechsel: Während die Akteure noch spielen, fängt ein oder mehrere Mitspieler an, auf der Bühne zu agieren. Dabei können sie lauter werden, deutlicher in den Vordergrund treten oder einfach eine andere Dynamik haben. Die bisherigen Spieler nehmen das wahr und blenden ihre Szene in der gleichen Art aus wie die anderen langsam einblenden. Dieser Wechsel ist sehr organisch und wirk unglaublich toll, erfordert aber auch sehr viel Aufmerksamkeit. Sollten mehrere Spieler einfaden, können sie sich zum Beispiel mit Blicken abstimmen. Es gibt quasi gar keinen Leerraum zwischen den Szenen.
Lichtblende: Gibt es bei der Show eine/ Lichttechniker/in, kann mittels wechselnder Beleuchtung ein Szenenwechsel forciert werden. Dabei können je nach Gegebenheit Farben, einzeln beleuchtete Bühnenplätze oder kurze Schwarzblenden dienen. Die Geschwindigkeit dabei ist sehr hoch, da der Zuschauer die ganze Zeit visuell beschäftigt ist. Dabei sind sie für das Publikum oft schneller klar als für die Spieler und benötigen deshalb verstärkte Aufmerksamkeit. Blenden wirken immer sehr elegant, oftmals kommen im Anschluss fragen, was davon Absprache war.
Musikblende: Auch eure/euer Musiker/in kann Szenenwechsel einleiten. Dabei können sowohl bereits etablierte Klangmuster verwendet werden wie auch sich deutlich abgrenzende Sounds. Auch Musikblenden wirken sehr organisch und gut passend, erfordern aber auch viel Aufmerksamkeit der Spieler.
Neue Initiationen: Es gibt den Szenenwechsel auch aus der Szene heraus ohne jegliche formalisierten Zeichen. Dabei beginnt ein/e bereits in der Szene befindliche/r Spieler/in eine deutlich ausserhalb der Szene liegende neue Szene. Oft ist das gepaart mit einem gut unterscheidbaren anderem Character. So können ebenfalls zu bereits etablierten Charakteren und deren Szenen gewechselt werden. Dieser Wechsel birgt das größte Potential für Missverständnisse bei Spielern und Publikum. Daher sollte hier mit größter Aufmerksamkeit auf die schnelle Unterscheidbarkeit geachtet werden. Da alles bei gefüllter Bühne passiert ist auch keinerlei Lücke zwischen den Szenen.
Andere Formen: Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, andere Verabredungen zu Szenenwechseln zu machen. So ist zum Beispiel beim Format "Toaster" das Hinknien bzw. das Aufstehen eines beliebigen Spielers das Zeichen zum Szenenwechsel. Wird originaler Shakespeare-Stil gespielt, so beendet ein Reim eine Szene (denn in der reinen Handlung seiner Komödien und Dramen reimt Shakespeare nicht). In dieser Art gibt es sicher noch weitere Beispiele. Schreibt gern in den Kommentaren, was euch noch dazu einfällt.
Ich hab mal wieder einen Artikel auf Impro-News über eine Show, die mir viel Spaß gemacht hat: Episches Impro: Theater ohne Probe im Sinne von Brecht. Dabei sind mir so einige Gedanken über das Schreiben dieser Artikel durch den Kopf geschossen.
Es werden ja relativ wenig Showrezensionen für Impro geschrieben. Und es ist zugegebener Maßen ja auch etwas anders - nicht das fertige Stück ist ja entscheidend, sondern mehr das Rezept des Entstehens. Denn so wie es an dem Abend gezeigt wird, kommt es nie wieder. Dem entsprechend ist hier eine etwas andere Sichtweise gefordert, um diese prozessorientierte Kunstgattung auch für nicht anwesende erfahrbar zu machen. Ich finde das durchaus recht reizvoll, und würde mir gern mehr wünschen - denn auch von einer klugen Rezension kann ich eine Menge lernen.
Ich habe dabei schon einige Varianten probiert. Inzwischen mache ich mir oft Notizen während der Show und kann die oft relativ gut danach im Kopf rekonstruieren. Ebenso schaue ich auf die Reaktionen der Besucher. Ich versuche mich mit dem ein oder anderen Zuschauer in der Pause oder nach der Show auszutauschen. Oft kommen da noch Blickwinkel heraus, dir ein runderes Bild über das Gesehene ergeben. Wenn ich die Zeit habe, lasse ich gern ein paar Tage den angefangenen Artikel ruhen, um dabei die Angemessenheit zu durchdenken. Da ich auch selbst Spieler bin, weiß ich zum einen um die Schwierigkeiten auf der Bühne und bin natürlich auch etwas befangen. Idealer wären sicher reine Kritiker - nur woher nehmen. Solange schreibe ich einfach munter weiter und hoffe das es mehr davon wird.